Barhufpflege

Barhufpflege

Je naturnäher ein Pferd lebt, desto gesünder ist es und desto gesünder sind auch seine Hufe.

Hufe sind enorm leistungsfähig und können sich optimal an Lebens- und Nutzungsbedingungen anpassen. Auch bei unseren domestizierten Equiden funktioniert das recht gut, sofern möglichst naturnahe Haltungs- und Nutzungsbedingungen geschaffen werden, wie z.B. Offenstallhaltung in Pferdegesellschaft, Anreiz zur Bewegung mit einem Paddock-Trail und unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten wie z.B. Mutterboden, Kies, Rasengittersteinen, Paddockplatten und Sand.

Leider ist es vielen Pferdebesitzern nicht möglich, solch optimalen Bedingungen zu schaffen. Bewegungsmangel, zu weiche Böden oder auch Nutzung und Haltung auf ausschließlich harten Böden wie z.B. Rasengittersteine oder Splitt machen den Hufen des heutigen Pferdes zu schaffen und führen zu einer Vielzahl von Problemen.

Bei den meisten Pferden ist der Hornabrieb zu gering und die Hufe werden zu lang. Durch eine regelmäßige Hufpflege wird der natürliche Hornabrieb „nachgeahmt“, sodass der Huf / das Pferd wieder in Balance ist und somit ein Stehen und Laufen mit dem kleinstmöglichen Aufwand an Muskelkraft möglich ist.

Wenn Hufe intensiver genutzt werden, reagiert das Pferd mit einer erhöhten Hornproduktion. Wenn jedoch die stärkere Nutzung relativ kurzfristig einsetzt (intensiveres Reiten während der Sommermonate, mehrtägiger Wanderritt), hat der Huf zu wenig Zeit, um sich an diese neue, höhere Beanspruchung zu gewöhnen. Hier kann ein temporärer Hufschutz (wie z.B. Hufschuhe) erforderlich /sinnvoll sein.

Wie erhält ein Pferd einen gesunden und leistungsfähigen Huf?

Seit es Pferde in menschlicher Obhut gibt, wurden unzählige Theorien entwickelt, wie gesunde Hufe aussehen sollen, bzw. wie ein Huf fachgerecht ausgeschnitten (bearbeitet) werden soll. So gibt es z.B. klassische Methoden, wie die Fesselstand-Theorie, die Zehenachsen-Theorie, die Kronrand-Theorie oder das Sohle-Strahl-Ebene-Verfahren (wer mag, kann ja mal googlen).

Meines Erachtens haben diese Theorien einen ganz entscheidenden Nachteil; der Mensch meint zu wissen, wie ein Pferdehuf auszusehen hat. Oft wird bei diesen Methoden die Form des Hufes höher eingeschätzt als seine Funktion.

Die klassischen Hufzubereitungs-Verfahren wurden u.a. von Hiltrud Strasser,  Jochen Biernath und Konstanze Rasch heftig kritisiert und neue Hufbearbeitungstheorien entstanden.

Pete Ramey und Jamie Jackson (Natural Hoofcare), sowie Gene Ovnicek (Natural Balance Hoofcare) beobachteten Wildpferde und studierten deren Hufe intensiv und brachten neue, andere Erkenntnisse in die Barhufbearbeitung mit hinein. Im Prinzip, werden hier die Kenntnisse und Beobachtungen der Wildpferde-Hufe auf den Huf des domestizierten Pferdes übertragen (Mustangroll, 1.5-2,5 cm dicke Sohle, alle Wandbereiche haben die gleiche Dicke, …). Aber sind wildlebende Pferde mit unseren „zivilisierten, gehaltenen“ Pferden vergleichbar?

Hampton und Pollit hinterfragten diese Studie und fanden heraus, den einheitlichen, optimalen Wildpferdehuf gibt es nicht. Form, Beschaffenheit und Huflänge richten sich nach den Bodenbeschaffenheiten (weiche oder harte Böden) und nach der Laufleistung des Pferdes. Pferde auf harten Böden mit einer hohen Laufleistung hatten den oben beschriebenen Wildpferdehuf, Pferde in sumpfigen Gegenden hatten hingegen Hufe mit hohen Wandüberständen und besaßen keine Mustangroll. Das Fazit aus dieser Studie war: „Der für das Pferd beste Huf ist der, der angepasst an Umgebung und Aktivität, die er ausführen muss, ist.“

Daniel Anz stellte mit seiner F-Balance die „Hufbearbeitungs-Welt“ vollends auf den Kopf. Im Gegensatz zu vielen anderen Theorien sah er den Huf und seine Bearbeitung nicht als separate Komponente sondern als ein Teil eines gesamten Systems.  Seine Forderung: „Ziel der Hufbearbeitung ist es, jeden Huf in seine individuelle Form und Balance zu bringen, damit das Pferd seine Leistungsfähigkeit sowie Gesundheit erhalten kann“.

Entspricht die Form der Hufe nicht der Schiefe des Pferdes, so reagiert das Pferd mit Kompensation. Die Folgen daraus sind z.B. Muskelverspannungen, veränderte Gliedmaßenstellungen und -führungen (z.B. X-Beinigkeit, Bodenweite oder zehenenge Stellung, streifen, greifen, etc.), Formveränderungen des Hufes, sowie Erkrankungen der Hufe, Sehnen, Knochen und Gelenke. Es gibt verschiedene Messpunkte am Huf, nach denen der Huf bearbeitet wird. Diese Punkte sind auf dem Huf zu sehen, es wird sozusagen „im Huf gelesen“ und nach diesen Kriterien der Huf ausgeschnitten. Dabei kommt es vor, dass der ausgeschnittene Huf von der Sohle aus betrachtet schief aussieht, doch sobald das Pferd den Huf auf den Boden stellt, der Huf gleichmäßig belastet wird.

Im Gegensatz zu allen anderen Hufbearbeitungsmethoden wird hier auf die Belastungssituation des Pferdes eingegangen. Wie werden die Hufe / Strukturen belastet, wenn das Pferd seinen Huf auf den Boden stellt und nicht, wie plan ist der Huf im unbelasteten, aufgehobenen Zustand. D.h. es wird eine medial-laterale Balance in der Stützbeinphase hergestellt.

Die Art des Ausschneidens nach F-Balance kann am Barhuf, aber auch an beschlagenen Hufen angewendet werden.

In den letzten Jahren habe ich viele „Ausflüge“ in die verschieden Hufbearbeitungsmethoden an meinen eigenen Pferden unternommen und konnte mir die Vor- und Nachteile, bzw. die Auswirkungen dessen, live selbst ansehen. Es hat sich ganz klar gezeigt, dass ein Huf nicht separat betrachtet werden darf. Nicht jede Hufbearbeitungs-Theorie hält, was sie verspricht …

Ich bin kein Anhänger einer bestimmten Hufbearbeitungsmethode, man sollte stets offen für neue Erkenntnisse und gute Erfahrungen sein. Dazu gehört eine regelmäßige Weiterbildung, aufmerksames beobachten und ein kritisches Hinterfragen der unterschiedlichen Thesen und Grundsätze.

Wie oft sollte eine Hufpflege stattfinden?

Durch das Laufen auf unterschiedlichen Untergründen und viel Bewegung findet täglich natürliche Hufpflege statt. Inwieweit der Mensch helfend eingreifen sollte richtet sich danach, welche natürliche Abnutzung die Hufe haben, wie das Pferd lebt / genutzt wird, wie stark das Hornwachstum ist oder welche Huf-Korrekturen nötig sind.

Es gibt Pferde, die trotz Nutzung, ein solch intensives Hornwachstum haben, dass eine Hufpflege alle 4 Wochen sinnvoll ist. Andere Pferde hingegen haben ein geringes Hornwachstum, sodass im Winter die Hufpflegetermine auf 10-12 Wochen ausgeweitet werden können. Als Daumenwert kann man von Frühjahr bis Herbst von einem 6-wöchigen, im Winter von einem 8-wöchigen Rhythmus ausgehen.

Bei sehr deformierten, kranken Hufen (z.B. Hufrehe), kann am Anfang alle 14 Tage eine Korrektur nötig sein. Diese Bearbeitungs-Intervalle werden jedoch mit zunehmender Stabilisierung des Hufes immer größer.